25.09.12  Kolumne  Metalle 

market-interview.com mit Jürgen Nowacki (über Finanzmärkte)

(shareribs.com) Jürgen Nowacki ist seit 2006 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Hauptberuflich arbeitet er als unabhängiger Anlageberater der Fürst Fugger Privatbank Augsburg-München. Zudem ist ­Nowacki Buchautor, Seminarveranstalter, Trader-Coach, Gutachter und Betreiber der Website www.my-broker.de

market-interview.com: Nach 27 Jahren aktiv an der Börse haben Sie so einige markante Marktbewegungen (wirtschaftlicher und politischer Auslöser) miterlebt. Die Eurokrise bleibt bei den Medien das große Thema und über Europa hinaus fürchten sich die Menschen vor der Krise. Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung ein?
 
Jürgen Nowacki: Die jüngsten EZB-Beschlüsse in Verbindung mit einer Klärung der Hoheitsrechte durch den Bundestag durch das Bundesverfassungsreicht haben die Probleme nicht beseitigt, sondern mit etwas Glück einen zeitlichen Aufschub für die Problemländer geschaffen. Ich bezweifel ob die Sparmaßnahmen der EU-Peripherie tatsächlich umgesetzt werden.   
 
market-interview.com: Halten Sie eine Neuorientierung Europas für möglich, dessen Ergebnis sogar ein Austritt einiger Länder sein könnte? Und welche Auswirkunen hätte ein solches Szenario für die a) deutsche Wirtschaft und b)  Börsenentwicklung?
 
Jürgen Nowacki: a) Es wird gar nicht anders gehen, als dass sich die EU- auf ein Konzept der Stärke und wirtschaftlichen Vernunft zurück besinnt. b) Die Börse ist kein Wertmesser für wirtschaftliche Vernunft, sondern für Liquidität am Markt. Das sollte nicht verwechselt werden.
 
market-interview.com: Bezüglich der Liquidität am Markt: Aktuell kann man in Deutschland von nahezu historisch niedrigen Zinsen profitieren, das geradezu für Investitionen einlädt. Ob Unternehmen, Konsumenten oder "Häuslebauer": alle kommen an billiges Geld. Im Interview mit Börse Online im Juli haben Sie erklärt, dass dieser Trend noch länger anhalten wird. Wird das die deutsche Wirtschaft stimulieren?
 
Jürgen Nowacki: Die Wirtschaft lässt sich nur solange stimulieren, wie die Investitionen die damit finanziert werden einen attraktiven Return of Investment sichert. Solange Deutschland seine Produkte und Dienstleistungen in gewohnten Umfang  exportieren kann stehen die Chancen gut, dass Deutschland die Lokomotive Europas wird.  
 
market-interview.com: 8.255 Punkte im DAX (aktuell bei 7.320) ist Ihre Prognose. Können Sie uns Ihre Argumentationskette nennen? Immerhin wäre dies ein Anstieg vom heutigen Niveau von rund 13%.
 
Jürgen Nowacki: Hier treffen verschiedene Argumente zusammen. Die Notenbanken in den USA und Europa werden die Märkte weiterhin sehr liquide halten. China wird auf seinen Parteitag im Oktober weitere Notenbankaktivitäten beschließen. Da sich die Inflation in China erfreulich gesenkt hat wird die Notenbank weitere Möglichkeiten für Investitionsanreize schaffen. Die Konkurrenzsituation Aktien gegenüber Renten bevorzugt eindeutig den Aktiensektor. Beispiel RWE und E.ON liefern den Konsensschätzungen in 2012 eine Dividende oberhalb von 5,00 Prozent. Daran wird sich demnächst der Markt orientieren. Das habe ich in der Juliausgabe von Börse Online gesagt, als der DAX-Index bei 6.500 Punkten stand.
 
market-interview.com: Als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VTAD (Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands) spielt für Sie die Charttechnik - wie bereits beschrieben - eine entscheidende Rolle bei Ihren Analysen. Wie gewichten Sie in Ihrer Anlageentscheidung bei Aktien die Faktoren "Politik" (v.a. Geldpolitik), aktuelle und erwartete Bewertung (v.a. KGVs = Kurs- zu Gewinnverhältnis) und die technische Analysen, was sich aus diversen Berechnungen und historischen Erfahrungen zusammensetzt?
 
Jürgen Nowacki: Die Technische Analyse hilft mir Zeit zu sparen. Ich kann in wenigen Minuten die Aktien,-Rohstoff,-Zins und Devisenmärkte nach Kurschancen durchsuchen lassen. Beim Feintuning beachte ich auch die Großwetterlage wie Politik und Notenbankentscheidungen. Es muss wie in einem Konzert alles zusammen passen.
 
market-interview.com: Sie arbeiten Vollzeit als unabhängiger Anlageberater der Fürst Fugger Privatbank. Aktien, Anleihen, Edelmetalle, Immobilien, Sparbuch und natürlich auf welche Währung soll man setzen: Was raten Sie als Profi Anlegern?
 
Jürgen Nowacki: Nüchtern und angstfrei die persönlichen Ziele formulieren. Nur wenn der Anleger eine Vorstellung davon hat was er in welchem Zeitfenster am Markt erreichen will kann man ihm helfen.
 
market-interview.com: Da wir schon beim Thema Währungen waren, würde ich gerne noch einmal etwas Globaler gehen. Weltweit befinden wir uns in einem noch nie dermaßen ausgeufertem Verschuldungszyklus. Zinsenzinsen auch gegenüber den Zentralbanken sind doch kaum noch zu stemmen. Zumindest gehen einige Experten davon vom Schlimmsten - nämlich einer globalen Hyperinflation oder Kriegsbeginn aus. Wie schätzen Sie solch schreckliche Aussichten ein?
 
Jürgen Nowacki: ich teile diese Meinung nicht und kann nur davor warnen solche Ängste im Entscheidungsprozess  überzugewichten. Wer heute aus Angst vor einer Hyperinflation Schulden macht kann ganz böse Überraschungen erleben.
 
market-interview.com: Welche Regionen sehen Sie für die kommenden 2 Jahrzehnte als die größten Gewinner? Bleibt es die Europäische Region mit Deutschland als Technologie-Riese - oder sind es eher die BRIC (Brasilien, Russland, Indien, China), die aufgrund ihrer hohen Bevölkerungsrate Konsumtreiber sind - oder sind es weiterhin die Industrienationen wie USA, Deutschland, Frankreich und Japan, die trotz totaler Überverschuldung weiterhin an der Spitze bleiben, oder sind es die rohstoffintensiven Nationen wie Australien, Südostasien, Lateinamerika und Afrika?
 
Jürgen Nowacki: Bevor ich in Asien Aktien kaufe die ich nicht kenne oder nicht analysieren kann investiere ich lieber in deutsche Exportwerte, die diese Wachstumsregionen erfolgreich bedienen. Die Manager von Audi und Linde um nur zwei heraus zu greifen agieren doch letztendlich wie Vermögensverwalter. Sie kennen wie kaum jemand anders die Risiken in den Schwellenländern und sind mit ihren Mitarbeitern vor Ort.
 
market-interview.com: Über das geballte Wissen und Informationen bedanken wir uns bei Ihnen, Herr Nowacki, und freuen uns mit Ihnen bald wieder Gespräch führen zu dürfen.

Jürgen Nowacki: Vielen Dank und gern geschehen

Direkten Kontakt zum Börsenexperten Herr Nowacki können Sie über das Internetportal www.my-broker.de aufnehmen.


Dieses Interview wird präsentiert von www.market-interview.com

Quelle: shareribs.com, Autor: (marketinterview)

 

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